Das Bautagebuch – die Dokumentation des Baugeschehens
Im Bautagebuch wird das gesamte Baugeschehen dokumentiert. Es zählt zu den HOAI Grundleistungen des Bauleiters und ist Bestandteil der Bauüberwachung.
Was ist ein Bautagebuch?
Das im Namen der Dokumentation der Begriff Tagebuch vorkommt, ist kein Zufall. Früher führten viele Menschen ein Tagebuch. Darin schrieben sie für gewöhnlich auf, was sie im Laufe des Tages erlebten. Viele vertrauten dem Tagebuch auch ihre geheimsten Gedanken und Wünsche an. Ganz so romantisch geht es bei einem Bautagebuch nicht zu. Sein Zweck ist jedoch derselbe wie bei einem klassischen Tagebuch. Es dient dazu, das Geschehen auf der Baustelle festzuhalten. Das Bautagebuch beginnt bereits vor dem ersten Spatenstich in der Phase der Planung und Vermessung und es wird so lange geführt, bis der Neubau offiziell fertig gestellt ist und an den Bauherrn oder Bauträger übergeben wird.
Warum ist es notwendig, ein Bautagebuch zu führen?
Im Grunde genommen ist jede moderne Baustelle ein komplexer Fertigungsprozess, an dessen Ende das fertige Gebäude entsteht. Das Baugeschehen ist ein äußerst komplizierter Prozess, weil auf der Baustelle viele Gewerke gleichzeitig tätig sind. Neben Maurern und Zimmerern arbeiten zum Beispiel auch Heizungsinstallateure, Fliesenleger, Luft- und Klimatechniker, Elektriker, Fußbodenleger und eine lange Liste anderer Berufe. Jeder fokussiert sich auf seinen eigenen Aufgabenbereich. Besonders bei Sonderbauten wie Krankenhäusern, Schulen oder Industrieanlagen kommt es immer wieder vor, dass etwas vergessen, übersehen oder nicht richtig ausgeführt wird. Durch das Bautagebuch wird es möglich, das Geschehen auf der Baustelle tagesaktuell nachzuvollziehen und dadurch die Ursache des Problems zu finden. Ein korrekt geführtes Bautagebuch stellt ein offizielles Dokument dar, das im Fall eines Gerichtsprozesses als Beweismaterial anerkannt wird. Darüber hinaus dient es als Grundlage zur Regulierung von Schadensersatzansprüchen durch die Versicherung.
Was gehört in ein Bautagebuch?
Damit das Bautagebuch als ein rechtskräftiges Dokument anerkannt wird, muss es bestimmte Pflichtangaben enthalten. Dazu gehören:
- Exakte Angaben zum Objekt, beispielsweise Bürogebäude der Firma XYZ,
inklusive genaue Adresse.
– Datum und Uhrzeit des Eintrags
– Allgemeine Angaben zum Baufortschritt
– Angaben zum Wetter. Das ist wichtig, weil das Wetter Einfluss auf das
Baugeschehen haben kann oder bei extremen Wetterbedingungen
Schäden am Bau entstehen können. - Angaben über anwesende Ingenieure, Bauleiter, Bauherr, Bauprüfer und
andere für das Baugeschehen wichtige Personen. - Angaben über die zum Zeitpunkt der Dokumentation auf der Baustelle
beschäftigten Gewerke. Allgemeine Angaben genügen nicht. Es muss
dokumentiert werden, welche Gewerke mit welchen Mitarbeitern tätig sind.
Im Idealfall sollten auch die Namen der Mitarbeiter und die geleisteten
Arbeitsstunden festgehalten werden. - Art und Menge der verwendeten Materialien mit Mengenangaben und
eventuell Einbaubedingungen. - Eingesetzte Baugeräte inklusive Einsatzzeiten und Störungen müssen
ebenfalls erfasst werden. - Werden Mängel oder Schäden vermutet, muss darüber eine
Dokumentation als Anlage erstellt werden. - Verzug im Baugeschehen muss registriert werden. Dazu muss der
Bauzeitenplan mit dem tatsächlichen Stand des Baugeschehens
abgeglichen werden (Soll-Ist-Vergleich) - Zeitpunkt und Ergebnis von Besprechungen sowie die Namen aller
Beteiligten müssen festgehalten werden. - Behinderungen, die zur Verzögerung des Baugeschehens führen können,
gehören ebenfalls in das Bautagebuch. - Als Anlage müssen Fotos der Arbeit von Gewerken beigefügt werden, die
nach Fertigstellung nicht mehr sichtbar sind. Typische Beispiele dafür sind
Elektro- und Sanitärinstallationen. - Betriebsanleitungen für die verbauten Anlagen, darunter zum Beispiel
Fahrstühle, Heizungs- und Belüftungsanlagen und ähnliches müssen als
Anlage beigefügt werden.
– Bedenken gegen die vorgesehene Bauausführung
– Baumaßnahmen, bei denen der Bauleiter vor Ort sein muss, zum Beispiel
Betonierungsarbeiten. - Weisungen und Unterlassungsaufforderungen an Bauunternehmer und
Handwerker inklusive vereinbarte Nacharbeiten.
– Auf der Baustelle übergebene Pläne einschließlich Änderungen.
– Abnahmen von Bauleistungen sowie Teilabnahmen
– Besondere Vorfälle wie zum Beispiel Unfälle, Schäden auf
Nachbargrundstücken oder Beschwerden von
Nachbarn. - Als Anlage wird eine Fotodokumentation erstellt, die den Fortschritt des
Baugeschehens, sichtbare Mängel und Fotos der Baustoffe zwecks
Qualitätskontrolle enthält.
Welche rechtlichen Grundlagen gelten für das Bautagebuch?
Bei privaten Bauvorhaben ist ein Bautagebuch nicht zwingend vorgeschrieben. Es gibt gleichfalls keine verbindlichen Vorgaben über den Inhalt oder die Form. Die im vorangegangen Abschnitt aufgelisteten Bestandteile der Dokumentation basieren auf Erfahrungen aus der Praxis.
Anders sieht es aus, wenn sich ein Architekt vertraglich zur Überwachung des Bauprojekts verpflichtet hat. Dann muss er diese Überwachung in Form eines Bautagebuchs festhalten. Es ist in den HOAI Grundleistungen der Leistungsphase 8, die sich auf die Bauüberwachung bezieht, vorgeschrieben. Das Bautagebuch kann anstelle vom Architekten auch von Bauleiter geführt werden.
Damit das Bautagebuch ein rechtskräftiges Dokument wird, muss es von allen Beteiligten gegengezeichnet werden.
Dabei handelt es sich um den Architekten, Bauleiter, den Bauherrn und die beteiligten Handwerker oder Bauunternehmer.
Der Bauherr hat das Recht, jederzeit Einsicht in das Bautagebuch zu bekommen. Auf Wunsch muss ihm eine Kopie ausgehändigt werden.
Bei großen Bauvorhaben muss das Bautagebuch auf täglicher Basis geführt werden. Auf kleineren Baustellen genügt es, wenn das Dokument bei jedem Besuch der Baustelle auf den neuesten Stand gebracht wird.
Ersetzt der Bautagesbericht nicht das Bautagebuch?
Nein, der Bautagesbericht ist kein Ersatz. Er wird nur von einem bestimmten Gewerk angefertigt und bezieht sich lediglich auf die durch die Handwerksfirma oder den Bauunternehmer ausgeführten Leistungen. Der Bautagesbericht enthält zum Beispiel die Namen der anwesenden Handwerker, ihre durchgeführten Arbeiten und die geleisteten Stunden. Der Bautagesbericht ist ein Dokument, das hauptsächlich zum Nachweis der entstandenen Kosten dient. Er ergänzt das Bautagebuch. Letzteres spiegelt das aktuelle Gesamtbild des Baugeschehens wieder.
Gibt es noch andere Bautagebücher?
Der Bauherr kann selbstverständlich sein eigenes Bautagebuch führen. Das kann später durchaus von Vorteil sein, insbesondere wenn die eigenen Notizen durch Fotos ergänzt werden. Experten empfehlen zum Beispiel, den Verlauf von Kabeln und Leitungen fotografisch zu dokumentieren, bevor sie verputzt oder von Estrich bedeckt werden. Selbst wenn keine Mängel auftreten, können die Fotos eines Tages bei Reparaturen oder Sanierungsarbeiten eine große Hilfe sein. Vor Gericht wird ein privat geführtes, inoffizielles Bautagebuch allerdings nicht als Beweismittel zugelassen.
Welche Vorteile hat ein Bautagebuch?
Wie bereits eingangs erwähnt, ist eine große Baustelle ein sehr komplexes Unterfangen, bei dem eine Vielzahl von Beschäftigten unterschiedlicher Gewerke und Qualifikationen zusammenarbeiten. Es ist beinahe unvermeidlich, dass es dabei immer mal wieder zu Fehlern kommt. Die Situation vor Ort ändert sich praktisch von Tag zu Tag. Durch das Bautagebuch lässt sich das Tagesgeschehen auf der Baustelle selbst Jahre nach der Fertigstellung nachvollziehen. Kommt es zu Mängeln oder Bauschäden, ermöglicht das Bautagebuch, die Ursachen zu entdecken. Es enthält zum Beispiel Angaben über einen zeitlichen Verzug oder ob minderwertige Baustoffe verwendet wurden bzw. bestimmte Arbeiten nicht fachgerecht erledigt wurden. Im Fall eines gerichtlichen Verfahrens erspart ein gut geführtes Bautagebuch oft teure und zeitraubende Bauuntersuchungen oder den Einsatz eines Sachverständigen.
Das klassische Bautagebuch
Seit vielen Jahrzehnten war es üblich, Bautagebücher im schriftlichen Format auf Papier zu führen. Auf einer Anzahl von Websites gibt es dafür Vorlagen im PDF-Format, die auf den Rechner geladen und ausgedruckt werden können. Das Bautagebuch in Papierform hat den großen Vorteil, dass die Angaben standardisiert sind. Man sieht sofort, wenn eine Eintragung vergessen wurde. Zudem lässt sich Papier über lange Zeiträume und ohne großen Aufwand archivieren. Trotzdem werden Bautagebücher in Papierform immer weniger genutzt, weil die Nachteile überwiegen:
- Ihre Handhabung ist umständlich. Wer läuft schon gern auf der Baustelle
mit einem dicken Stapel Papiere herum? - Durch die geforderten Anlagen wie Fotos und Betriebsanleitungen wird das
Bautagebuch schnell sehr umfangreich. - Das Dokument in Papierformat steht nicht jedem zur Verfügung, der es
gerade benötigt, da es in der Regel nur ein Exemplar gibt. - Es besteht die Gefahr, dass Anlagen durcheinander kommen oder
vergessen werden bzw. schlimmstenfalls ganz verloren gehen.
Das Anfertigen von Kopien ist umständlich und teuer.
Digitale Bautagebücher setzen sich immer mehr durch
Das ist kein Wunder, sind sie doch viel bequemer als die Papierversion. Mittlerweile gibt es mehrere Websites auf dem Markt, von denen entsprechende Programme und Anwendungen herunter geladen werden können. Das Bautagebuch wird auf dem Rechner der Firma gespeichert. Der Architekt oder Bauleiter benutzt sein Smartphone oder Tablet, um darauf Zugriff zu bekommen. Er kann zum Beispiel jederzeit Einsicht nehmen und aktuelle Ereignisse eintragen. Anstatt einen dicken Stoß Papiere mit sich herumzuschleppen, genügt das Smartphone oder der Tablet PC. Wenn der Bauherr oder andere Verantwortliche eine Kopie möchten, kann er sie ihnen im Handumdrehen auf ihren Rechner schicken. In den Einstellungen kann er festlegen, dass Datum und Uhrzeit bei allen Einträgen automatisch eingefügt werden. Fotos können mit einem Stempel versehen werden, der Datum, Uhrzeit und Ort anzeigt. Die zum Zeitpunkt des Eintrags herrschenden Wetterbedingungen können automatisch hinzugefügt werden.
Das vereinfacht die Arbeit erheblich. Um das Bautagebuch vor Verlust zu schützen, kann es auch in der Cloud (Online) gespeichert werden. Dann hat man von überall her darauf Zugriff, selbst wenn der Rechner oder das Smartphone beschädigt werden.
Zusammenfassung
Das Bautagebuch ist eine Dokumentation, in der das Geschehen auf der Baustelle idealerweise tagesaktuell dokumentiert wird. Für kleinere Bauvorhaben ist es nicht vorgeschrieben, aber trotzdem empfehlenswert. Sobald sich der Architekt jedoch vertraglich zur Überwachung des Baugeschehens verpflichtet, muss er nach HOAI, Leistungsphase 8 (Bauüberwachung) ein Bautagebuch führen. Das Bautagebuch bildet das Tagesgeschehen auf der Baustelle in seiner Gesamtheit und Komplexität ab. Es dient als Beweismittel vor Gericht, wenn es zu Streitigkeiten kommen sollte. Mit Hilfe des Bautagebuchs können die Ursachen von Schäden oder Verzögerungen schneller ermittelt werden. Die Form des Bautagebuchs ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Aktuell setzen sich Bautagebücher in digitaler Form immer mehr durch, weil sie viel weniger Aufwand verursachen und zahlreiche andere Vorteile haben.